Die Sonderausstellung zum Firmenjubiläum nimmt insbesondere die zukunftsgerichtete Dynamik des Unternehmens in den Blick. „You start first, and then you optimize and optimize and optimize“ — dieser Satz, von Hans Georg Näder in einem Interview 2017 geäußert, steht für das Streben nach stetiger Innovation, das jeder der drei Unternehmerpersönlichkeiten zur Maxime erhoben hat: Otto Bock (1888—1953) als Firmengründer und Pionier der industriellen Prothesenfertigung, Max Näder (1915—2009) als Schrittmacher der Orthopädietechnik mit genialen Ingenieurleistungen und Hans Georg Näder (geb. 1961) als Global Player, Digitalisierer und disruptiver Querdenker.
Ein plakativer Einstieg eröffnet die Ausstellungsthematik: „Kriegskrüppel“, nur unzureichend prothetisch versorgt, beherrschen das Straßenbild. Die drastische Darstellung der Nachkriegswirklichkeit von Otto Dix illustriert den Gründungsimpuls, der die „Orthopädische Industrie Berlin“ nur wenige Monate nach Beendigung des Ersten Weltkrieges mit ihrem ehrgeizigen Vorhaben antreten ließ, die Prothesenversorgung zu revolutionieren.
Streiflichtartig berührt die Ausstellung verschiedene Aspekte der weiteren Firmenhistorie auf drei Etagen. Technologische Meilensteine aus 100 Jahren lassen den fundamentalen Wandel der Fertigungsverfahren nachvollziehen, vom gefrästen Holzbein bis zur elektronischen Hightech-Prothese und zur Orthese aus dem 3D-Drucker. Daneben geben individuelle Anwendergeschichten Einblick in das alltägliche Leben mit Prothesen und Orthesen.
Zeitgeschichtliche Bezüge machen die Ausstellung zu einer spannenden Zeitreise. Die Schicksalsjahre der deutschen Geschichte von der Weimarer Republik bis zur Überwindung der Deutschen Teilung haben das Unternehmen vor immer neue Herausforderungen gestellt. Bestimmende Faktoren sind heute die gesellschaftlichen Strömungen des 21. Jahrhunderts: Globalisierung, demografischer Wandel, digitale Revolution, und weltweite Migration.
Das Thema Flucht, Migration und Neuanfang greift ein gesonderter Ausstellungsbereich im benachbarten „Erdhaus“ auf. Unter dem Titel „Vom Weggehen und Ankommen“ umfasst er die Vertreibungsgeschichte der Unternehmerfamilien Bock und Näder nach dem Zweiten Weltkrieg, schildert die Erfahrungen dreier Berliner Migrantenfamilien und verweist anhand beruflicher Biografien einzelner Ottobock Mitarbeiter auf Wanderungsbewegungen in einer globalisierten Arbeitswelt.